Wie (stiller) Reflux Asthma auslösen kann


Bei Reflux gelingt es dem sauren Mageninhalt, die Barriere zwischen Speiseröhre und Magen zu überwinden: Der untere Schließmuskel der Speiseröhre ist geschwächt oder kann bestehendem Druck nicht mehr standhalten und öffnet sich. So wandert der Speisebrei in die falsche Richtung und gelangt zurück in die Speiseröhre.

Fatal ist das vor allem wegen der darunter gemischten Magensäure. Sie greift die unvorbereiteten Zellen in der Speiseröhre an. Sodbrennen, saures Aufstoßen und Schluckbeschwerden sind die typischen Folgen bei Reflux. Soweit so gut. Doch was hat das mit Asthma und Atemnot zu tun?

Ganz einfach: Der zurückfließende Mageninhalt bleibt nicht zwangsläufig „nur“ in Speiseröhre oder Mund. Vor allem im Liegen kann er sogar in die Luftröhre gelangen. Die enthaltene Magensäure bahnt sich dann auch hier rücksichtslos ihren Weg: Sie reizt und schädigt die Zellen der Atemwege. Zu den typischen Folgen von (stillem) Reflux und Sodbrennen gehören daher weiterhin

  • Halsschmerzen,
  • Husten,
  • Kehlkopfentzündungen,
  • häufig wiederkehrende oder chronische Bronchitis und
  • Asthma.

Für die Betroffenen und ihre Ärzte können Diagnose und Behandlung schnell zur Herausforderung werden: Die Beschwerden der Atemwege erscheinen meist deutlich akuter als die Symptome im Verdauungstrakt und werden nur selten mit Erkrankungen wie Reflux in Verbindung gebracht.

Zudem kann noch eine weitere Problematik hinzukommen: Stiller Reflux verursacht keine oder nur sehr wenige typische Beschwerden und bleibt daher meist lange unerkannt. Als Ursache für Asthma, Husten und Co. wird er – wenn überhaupt – erst sehr spät entlarvt.

Asthma durch Sodbrennen – Folgen und Beschwerden


Für gewöhnlich entsteht Asthma in Verbindung mit Allergien und/oder einer außerordentlich starken Entzündungsbereitschaft der unteren Atemwege. Ist Reflux für Asthma verantwortlich, entwickelt sich die chronisch-entzündliche Erkrankung durch die zurückfließende Magensäure: Sie reizt die Zellen in Luftröhre, Bronchien und Bronchiolen und versursacht dadurch ständige Entzündungen.

Die Symptome sind in jedem Fall dieselben:

  • anfallsartige Atemnot
  • Kurzatmigkeit
  • starker, trockener Husten insbesondere am Morgen
  • Engegefühl in der Brust
  • Giemen (Pfeifgeräusche beim Atmen)

Wie beim „normalen“ Asthma bronchiale auch, reagieren Betroffene von Asthma durch Reflux auf bestimmte Reize aus ihrer Umwelt überempfindlich. Faktoren wie kalte Umgebungsluft, Infekte, Anstrengung oder bestimmte Allergene (zum Beispiel Pollen oder Hausstaubmilben) können die Beschwerden auslösen oder verstärken.

Patienten, bei denen Reflux Husten und andere Asthma-Beschwerden auslöst, ist häufig eine nächtliche Verschlechterung der Symptomatik zu beobachten. Das liegt daran, dass es der Mageninhalt nachts – in liegender Position – verhältnismäßig leicht hat, zurückzufließen. Auf diese Weise gelangt deutlich mehr Magensäure in den Halsbereich und von dort aus in die Atemwege. Sodbrennen und Asthma treten nachts also besonders ausgeprägt auf.

Behandlung und Diagnose von Asthma durch Reflux


Die Diagnose von refluxbedingtem Asthma ist nicht einfach: Oftmals liegt der Fokus auf den Atembeschwerden des Patienten. Ist hier ein Auslöser gefunden, wie beispielsweise Bronchitis oder Asthma, konzentriert sich die Behandlung in der Regel auf diesen Faktor.

Bei Asthma kommt in den meisten Fällen eine Dauertherapie mit cortisonhaltigen Medikamenten in Pulverform zum Einsatz, unterstützt durch Bedarfsmedikamente, die während des akuten Anfalls Linderung verschaffen.

Vorsicht bei der Asthma-Medikation

Die Einnahme einiger Wirkstoffe in der Asthma-Therapie, wie zum Beispiel Theophyllin, geht auch am Schließmuskel zwischen Speiseröhre und Magen nicht spurlos vorbei. Um die Atemwege zu erweitern, wirken diese Stoffe entspannend auf die glatte Muskulatur – wie sie auch beim unteren Schließmuskel vorliegt. Atmet der Betroffene nun also vorschriftsgemäß das Pulver-Medikament ein, gelangt zwangsläufig auch ein kleiner Teil davon in die Speiseröhre. In der Folge kann das zur Entstehung von Sodbrennen beitragen.

Erst wenn die verordnete Behandlung nicht ausreichend anschlägt, werden die Ärzte stutzig: Was steckt hinter den Beschwerden? Viele Experten empfehlen deshalb von Anfang an einen Test auf Reflux bei der Asthma-Diagnose. So könnte zahllosen Erkrankten von Anfang an wirkungsvoll geholfen werden.

Idealerweise gehört daher zur Diagnostik bei Asthma durch Reflux eine Magenspiegelung oder eine 24-Stunden-pH-Metrie (Prüfung der pH-Werte in Magen und Speiseröhre), mit der der Arzt das Vorliegen einer Reflux-Erkrankung bestätigen oder widerlegen kann.

Liegt der Verdacht auf Reflux nahe oder wurde er zweifelsfrei nachgewiesen, eignet sich im Anschluss vor allem die Gabe von Protonenpumpenhemmern zur Behandlung der Beschwerden. Sie reduzieren die Bildung der aggressiven Magensäure und sorgen so dafür, dass weniger reizende Säure in den Atemwegen ankommt. In schweren Fällen kann auch eine Reflux-Operation angezeigt sein.

Doch Achtung: Auch, wenn bestehender (stiller) Reflux behandelt wird, können Asthma-Patienten nicht auf ihre asthmaspezifische Behandlung verzichten. Die Entwicklung und Symptomatik von Asthma ist sehr komplex – hat sich die Erkrankung einmal ausgebildet, bleibt sie oftmals über längere Zeit bestehen.

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Jenni Graf Könnte Jenni Graf Blut sehen, wäre sie Ärztin geworden – da das aber leider nicht der Fall ist, hat sie sich für den deutlich unblutigeren Beruf der Medizinredakteurin entschieden. Nach ihrem Medizinjournalismus-Studium war sie von 2016 bis 2020 Teil von kanyo®. Jenni Graf Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren